Aufgeblüht, Teilansicht

Barbara Bock

Gedanken


Ausstellung „Fundstücke“ Okt-Dez 2011

Vom Suchen und Finden

Die Regale der Buchläden sind voll mit Büchern über Sinn-Suche, Glück-Suche,
Suche nach der inneren Mitte, nach Erfolg und Kreativität. Jeder, der in unserer
Gesellschaft etwas erreichen will, muß den Kreativitätsnachweis erbringen.
Nicht wenige Autoren, Trainer, Coaches leben gut davon, bieten eine Vielzahl
von Anleitungen und Kursen, die das kreative Potential in uns wecken sollen –
selbst Kinder oder sogar Kleinkinder sind davor nicht sicher…

Dabei zeigen uns gerade Kleinkinder, wie das geht, kreativ zu sein.
Sie haben in gutem Umfeld noch alle Voraussetzungen für Kreativität
und/oder phantasievolles Handeln:

1.      Sie suchen nicht „planmäßig“
„Gebt den Kindern das Kommando, sie berechnen nicht, was sie tun…“ – H.Grönemeyer

2.     Sie wollen nichts erreichen
jedenfalls nichts für „ Zukunft und Erfolg“

3.      Sie sind unmittelbar und unvoreingenommen
Jetzt -  habe ich Hunger, Spaß, Blödsinn im Kopf“

4.      Die sogenannte reale Welt und die Welt der Phantasie sind noch nicht getrennt
„Der Drache wohnt hinterm Schrank“

 

Pippi Langstrumpf, das Kind aller Kinder, gibt als Lebensbeschäftigung an,
„Sachensucher“  zu sein…Sie sucht fröhlich, neugierig, unbeschwert, absichtslos,
weil sie Spaß hat an überraschenden FUNDSTÜCKEN…
Weil sie weiß, die Welt ist groß, herrlich chaotisch und voller Wunder…
da wird auch etwas für sie dabei sein.

Das ist eine Art Urvertrauen in das „Füllhorn des Lebens“
das ist ein dem Augenblick Raum geben
das ist neue, ungeahnte Möglichkeiten zulassen
das ist das kreative Potential im Unerwarteten
das ist Nahrung für Hirn, Herz und Sinne

Die erwachsenen „Sachensucher“ suchen meistens zielgesteuert–
oft ein von vorneherein eingeschränktes weil fokussiertes Suchen.
Oft ein krampfhaftes Suchen, weil unbedingt etwas gefunden
werden muß. Oft ein Suchen, weil etwas fehlt – also mit Mangelbewußtsein.

Eigentlich sehr komisch:
erst geben sich Umwelt, Eltern, Erzieher alle Mühe, ihre Kinder auf den
Ernst des Lebens einzuschwören – um damit nicht selten die Kreativität
aus ihrem Leben zu verbannen .
- Man schaue sich nur Kinderzeichnungen an, die vor Kindergarten,
Schule und dem wohlmeinenden Vorzeichnen der Eltern entstehen….
und was daraus nach einigen Jahren wird.
Das geht soweit, daß die meisten Erwachsenen behaupten „Ich kann nicht malen…“ -
Und dann werden die phantasie-gesäuberten, (fremd-)gesteuerten
Erwachsenenhirne und –herzen oft mit viel Geld wieder an ihre
kreativen Anfänge zurückgeführt durch obenerwähnte  Bücher ,
Kurse und Trainingsanweisungen.

Und dort wird gelehrt, was wir als Kinder eigentlich wußten/konnten:

·        Routine erstickt Kreativität

·        Eine Prise Chaos würzt das Leben

·        Schritt für Schritt zu mehr Kreativität:

         lernen Sie:   
         loslassen
         Unsinn machen
         neugierig  sein
         sich bewegen
         Fehler machen       etc. etc.


für das Hirn bedeutet das z.B. „Brainstorming“
für den Körper rausgehen, den Wind um die Nase wehen lassen
für die Seele baumeln lassen, spielen, träumen..

 

Und wozu das Ganze?

Weil es heilsam ist. Jeder, der sich bei einem Thema, an einer Aufgabe
„festgefressen“ hat, weiß das.
Auch ich habe das erfahren - 2010 - kreativer Stillstand…
gefangen in einer Art Vakuum.
Ich bin dann einfach losgezogen, um zu suchen, oder besser:
zu finden – zurückzufinden zum im besten Sinne absichtslosen Finden.
„Ich suche nicht, ich finde“ - Pablo Picasso
Ich wurde „Sachenfinder“ und völlig überrascht von den vielen FUNDSTÜCKEN.
Überall gab/gibt es etwas zu entdecken, was sich verwenden, umsetzen läßt.
Ein kreativer Prozeß, der Vielerlei mit einbezieht, eigene Bilder und Photos,
Zeitungsphotos, Strukturen auf Hölzern und Papieren etc.  
Und es ist individuelles Finden – jeder findet anders.
Eine interessante Herausforderung, mit den eigenen
FUNDSTÜCKEN auch Andere zu erreichen.

Jetzt nach Monaten des Suchens, Findens und Auswertens spüre ich
die Gefahr, daß das offene, absichtslose Suchen der ersten Zeit zur
Arbeitsanweisung für kreatives Schaffen mutieren könnte.
Es würde zielgerichtetes Suchen daraus, um z.B. interessante Zeichnungen
produzieren zu können.
Damit würde aus der anfänglich frischen Bildwelt ein kalkuliert
produziertes Produkt, das seine Lebendigkeit verloren hat.

Ein erneuter Richtungs- und Blickwechsel wird nötig.
Es hört nie auf. Kreative Prozesse bedürfen immer wieder der Erneuerung.

„Ein Maler, der sich gefunden hat, ist verloren“ – Max Ernst

Mal sehen, was als Nächstes kommt…

 

 

 

Barbara Bock, Bremen
Oktober 2011